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Unkener Geschichten

Ein herzliches Danke an die Autorin Christine Becker (†)

Die Mayrgschwendtners / Tagebuch

1568 ist das älteste Datum, das wir im Postgasthof finden. Es steht, in Marmor gemeißelt, über dem alten Hauseingang. 1636 steht im alten Firstbaum des Hauses. Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts ist die Familie Mayr - gschwendtner hier ansässig. Seit 1666 führte die Familie ein Wappen.

1870 hatte Josef Mayrgschwendtner, k.k. Postmeister und Besitzer der Liegenschaft Gasthof Post, seinen Betrieb um Bademöglichkeiten erweitert. Die am Fuße des Hanges, unter großen, alten Bäumen entspringende Quelle wurde als Badequelle benützt.

Aus einem Zeitungsartikel vom 23. Dezember 1893 mit dem Titel „Eine Lebensfrage für den Curort Unken“ ist bekannt, dass sich das „Cur- Comité“ gegen einen Ausbau der Reichstraße über den „Botenbühel“ und den „Mellecker Berg“ ausgesprochen hat. Man hatte an die „Hochlöbliche k.k. Landesregierung“ eine Eingabe gemacht, man möge doch von Seiten höchster Stellen für eine von der Natur vorgegebene „Tracenführung“ entlang der Saalach stimmen und so den Wendelberg umgehen. Wer hätte vorhersehen können, dass die Straße später einfach durch den Wendelberg hindurch gehen würde?

Als Kaiser Ferdinand I. mit seiner Familie im unruhigen Jahr 1848 bei Sturm und Regenwetter auf der Flucht von Wien nach Innsbruck auf der Post einkehrte, schenkte Lisi Mayr - gschwendtner der Kaiserin ihren Wetterfleck. Diese bedankte sich mit einem wertvollen Kelch aus Rubinglas. Im Jahre 1905 kam Maria Theresia, die Königin von Bayern, Gattin von Ludwig III., in Begleitung von fünf Prinzessinnen nach Unken um vom Flatscherbauern eine zahme Hirschkuh zu kaufen. Florian Mayrgschwendtner hatte den Handel vermittelt und bekam dafür eine goldene Krawattennadel mit Perle und Brillanten.

Auszug, gekürzt, aus Mayrgschwendtners Tagebuch, Jänner 1903

Donnerstag, 1.1. 1903 Schön Wetter. Um 6 und 8Uhr Kirche gewesen, mittags gemeinschaftliches Mittagessen nachmittag wurde Eis geschossen. Viele Schützen auch im Gästezimmer, mehrere Leute von Reichenhall zwei Schlitten, neun Personen. Abends Frau Lehrer und Forstgehilfen. Schön Wetter. Toni und Franz ganzer Tag Holz geführt, Dirn im Stall. Mit Post nach Reichenhall zum Zahnarzt. Ich Geschriebenes nachgeschaut, Lisi Christbaum abgeleert. Nachmittags Pfarrer und Kooperator hier, Eis geschossen. Regenwetter. Knechte Brennholz gezogen, Franz Holz gearbeitet, Stall zusammengeräumt und Stöcke gehobelt, Toni mit Frau Haider Besuch aus Lofer und Saalfelden und Bruck. Ich Würstel gemacht, geschrieben, nachgeschaut, abends bald zu Bett. Dirn Fleischbank geputzt und Küche. Melleck ist verkauft worden. Vormittags Regen. Um 8 Uhr Kirche gewesen, viele Leute, auch wurde Eis geschossen. Abends bald zu Bett. In Melleck war Theatervorstellung der Jettenberger. Regenwetter. Ich geschrieben. Rauchen gewesen. Knecht und Franz Holz gearbeitet. Dirn mit Toni nach Reichenhall gefahren. Abends Lehrer und Forstgehilfen Fahrmbacher und Lisi tarockiert.

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Schön Wetter. Um 8 Uhr Kirche gewesen. Viele Eisschützen (26) da. Abends bald zu Bett. Knecht am Heutalberg Schnee eingeworfen. Mittags Fahrmbacher hier. Schön Wetter Toni und Franz vormittags mit Pferd das Zaunholz geholt, nachmittags Franz zwei Kälber geholt und abgestochen. Mit Fahrmbacher nach Reichenhall. Knecht ganzen Tag Brennholz gezogen. Ich geschrieben. Danach Eis geschossen. Schön Wetter. Knecht Brennholz gezogen, Dirn Brösel gerieben, ich Wein aufgefüllt und Fässer gereinigt, danach geschrieben. Schön Wetter. Um 8 Uhr Beerdigung vom alten Datz, dann Kalb ausgezogen, Brat gewiegt, geschrieben und Eis geschossen. Knecht Brennholz gezogen, Dirn Nähzimmer und Nebenzimmer gereinigt. Schön Wetter. Um 1/28 Uhr Kirche, dann Würstl gemacht, nachgeschaut und geschrieben, Dirnen Küchengeschirr geputzt und Abort und Fleischbank. Lisi genäht. Abends F. Hilber mit Frau da. Nachmittags Eis geschossen.

Schön Wetter. 9 Uhr Feiertag Sebastian gefeiert bei der Prozession viele Leute. Eisschützen. Und abends mehrere junge Leute bis 1/211 Uhr da. Franz ein Kalb geholt und abgestochen. Schön, kalt. Toni und Franz Brennholz ziehen vom Heutalberg, ich Kalb ausgenommen, nachgeschaut und geschrieben. Dirn ein Kalb geholt und ein Lamperl, Franz abgestochen, Weiberleut Wäsche gewaschen, abends Herr Lehrer da. Dirn Gastzimmer geputzt. Schön Wetter. 10 Uhr Toni und Franz fuhren Eis vom Köstlersteg herauf, Dirn einiges gewaschen. ich einiges geschrieben, Lisi Wäsche gemustert, abends der Primar und Lehrer da. Schön kalt. Knecht mit Eiskeller ganz fertig geworden. Dann Holz gesägt. Lehrer und Forstgehilfen tarockiert. Ich geschrieben und ausgefertigt, Eis geschichtet, Brat gewiegt. Dirn Abort geputzt. Todesnachricht von Joh. Schwaiger erhalten. Schön kalter Tag. 10 Uhr Knecht und Toni Holz gefällt und gestapelt. Nachmittag Toni auf der Schmiede. Franz Stall zusammengeräumt und Stöcke gehobelt. Ich Würstl gemacht, überall nachgeschaut, Eis geschossen und geschrieben. Dirn Fleischbank und Geschirr geputzt. Abends Fahrmbacher von Lofer und Forstgehilfen .

Schön Wetter. Toni fährt mit Fahrmbacher zum Unterhager dann zweimal zum Rausch hinein um Brennholz. Ich abends beim Mayrwirt wegen Hausfeuerungssteuer. Schön warmer Tag. Knecht vom Reitstadel Heu herabgezogen, Lisi genäht, Autobetrieb, Schanibad geputzt, abends Lehrer und Forstgehilfen da. Schön warmer Tag. Knecht Holz gesägt und gehackt. Drei Kälber geholt und ein Schwein abgestochen. Toni einspännig mit Fahrmbacher nach Reichenhall. Verkehrskränzchen beim Kramerwirt bis 4Uhr früh. Schön Wetter um 8 Uhr Kirche gewesen. Ganzer Tag viele Leute und Eisschützen da. Reichenhaller Liedertafel von Lofer am Rück - weg ausgespannt. 10 Zweispännige und ein Einspänniger, 43 Personen beide Speisezimmer besetzt, viel zu tun. 8 Uhr alle fort. Schuster Lisi und Fräulein Engleder beim Radfahrkränzchen. In der Früh Sonne dann Regen. Franz Brennholz geführt vom Rausch herein. Nachmittag Toni Landauer gewaschen. Franz Stall zusammengeräumt. Es war Perchthochzeit. 49 Gäste, ich war zur Hochzeit. Nachmittag kamen alle Gäste über die Gass’ waren bis 7 Uhr da, viel zu tun.


Die Familie Mayrgschwendtner war unendlich fleißig. Das knappe Stück Tagebuch, nicht einmal ein Monat betreffend, gibt uns viel Einblick in das tägliche Leben. Traditionen wie das Rauchengehen, Todesfälle und Hochzeiten sind erwähnt sowie der Brauch, bei Hochzeiten nach Gottesdienst und Mittagessen sowie dem traditionellen Schüssellauf und Brautstehlen bis zum weiteren Abendprogramm „über die Gass’ zu gehen“. Die Hochzeitsgäste gehen in kleinen Gruppen in ein anderes Gasthaus ihrer Wahl und verbringen damit den Nachmittag. Stammgäste sind erwähnt wie Fahrmbacher aus Lofer bzw. aus München, dessen Tochter später den Sohn des Apothekers Heiden geheiratet hat. Die Villa Heiden, ihr damaliges Ferienhaus, links auf der Anhöhe auf dem Weg zum Schloss Oberrhein heißt heute Haus Paradies. Fahrmbacher war ein großer Gönner Unkens und hat für die Kirchenrenovierung 1899 beträchtliches Geld gespendet. Sein Name steht auf der Marmortafel zwischen den Kirchentüren auf der Südseite. Forstgehilfen und Lehrer sind erwähnt. Sie hatten täglich ihren Mittags - tisch auf der Post. Ja und die Eisschützen! Im Sommer wären es dann die Schützen! Beginnender Autoverkehr neben den Kutschen und Schlitten. Und immer wieder Holz... Und das Schanibad wird erwähnt. Dem bin ich nachgegangen. Viele Angestellte wurden aus ländlichen Gegenden in die Stadt geholt. Die meisten hießen Hans oder Sepp. Damit das etwas eleganter klingt, hat man sie auf französisch „Jean“ genannt. Klang es doch ungleich vornehmer, wenn man sagte „Jean, bringen sie das Gepäck der Herrschaften nach oben“ als

wenn es hieß „Hans, trag die Koffer auffi“. Die Wiener haben aus dem Jean schnell „Schani“ gemacht. Jeder kennt den Schanigarten. Wenn der Chef sagte: „Schani, bring den Garten raus.“ dann wurden Grünpflanzen, Tische, Stühle und Bänke vor das Haus gestellt und fertig war der „Schanigarten“. Nicht ganz so klar ist die Sache mit dem Schanibad. Auch da hat mir Marianne Sturm geholfen, die viele Jahre lang auf der Post in Unken gearbeitet hat. Der Ausdruck war zu ihrer Zeit nicht mehr gebräuchlich. Wohl aber gab es einen großen Zuber, der unterdach hinter dem Haus stand, am Samstag mit heißem Wasser gefüllt wurde und in dem sich nacheinander das ganze Gesinde des Hauses gebadet hat. In der ganz schweren Zeit nach dem Weltkrieg I wurde in Unken 1920 eine Raiffeisenkasse gegründet. Florian Mayrgschwendtner war Initiator und erster Zahlmeister.

Lisi Mayrgschwendtner,

eine geborene Elise Gmachl aus Bruck an der Glocknerstraße, Frau des letzten Postmeisters Florian, im berühmten Gasthof Gmachl aufgewachsen, hatte u.a. im Hotel Sacher in Wien gelernt. Sie hat ihr Leben in der Küche des Gasthof Post verbracht. Der gute Ruf der Küche des Hauses war ihr zu verdanken. Es gibt ein sensationelles handgeschriebenes Kochbuch von ihr. Viel Habsburgisches: Kaiserfleisch, Elisabethroulade, Hofratschnitten, Husarenbraten sowie alle österreichischen Länder sind da vertreten, Serbisches, Ungarisches, Böhmisches, Triestinisches usw. auch Gerichte a la polonaise, a la russe. Viel Nockerl, Knödel und Golatschen! Nachdem Florian immer allein zum Sonntagsgottesdienst ging, sagte Lisi kurz: „Arbeit ist auch Gottesdienst.“

Die „P0ST“ blieb auch während der Kriegsund Zwischenkriegszeiten immer Unkens gute Adresse.

Gegen Ende des Weltkriegs II wurden Tafelsilber und andere Wertsachen hinter der Vertäfelung der Bibliothek – heute „Postkastl“ – versteckt und nie mehr gefunden...

Namen die keiner mehr nennt:

Während des Krieges gab es auf der Post die Olga. Schwere schwarze Haare, zum Knoten gesteckt, exotischer, nie zuvor gehörter Na me. Schreibnamen der Ostarbeiter waren immer unbekannt. Sie hatten keine Identität. Der Poin-Maria beim Bauereggerbauern war wenigstens ein Heimatland zugeordnet. Aber aus Polen zu sein war damals kein Vorteil. Die Poin-Maria hat das Stiegenhaus mit Haselnusszweigen geschmückt, als die Bäue - rin nach der Geburt ihres Kindes zum ersten Mal herunter in die Küche kam. Aus Freude. In dieser dunklen Zeit.

Einer der treuesten Stammgäste war Prof. Willi Vortisch aus Prag, der „Stoandlprofesser“. Er war Geologe, kam im Frühjahr, sammelte wochenlang im Unkental Steine, ließ sie im Herbst in Säcken mit Fuhrwerken zu Tal bringen und mit der Bahn nach Prag verfrachten. Die alten Holzknechte erinnern sich noch an ihn. Burgi Lerch, in jungen Jahren oft im Pflanzgarten des Bayerischen Forstamtes tätig, erzählte mir von seinen Eigenheiten. Er lebte auf Hütten und aß hauptsächlich Gurken. Zwischendurch kam er auf die Post, genoss die vorzügliche Küche, badete und ging wieder zurück in den Wald.


Wir danken außerdem den Erben zur Freigabe des geschichtlichen Werkes der Unkener Spaziergänge!


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